"Aloha - Kinder" - Inspirationen aus Hawaii

Den Umgang mit Kindern im traditionellen Hawaii war auf meiner letzten Reise wieder sehr berührend. Es war verblüffend, wie viele Parallelen ich zur SpielRaumpädagogik finden konnte.
Die Haltung der traditionellen HawaiianerInnen dem Leben und insbesondere den Kindern gegenüber ist sehr achtsam, wertschätzend, liebevoll, respektvoll, herzlich, nichtwertend und von großer Dankbarkeit geprägt. Kinder werden in ihrer Individualität geachtet und die ganze „Ohana“ (Großfamilie, Freunde, Nachbarn) beobachtet, welche Talente und Fähigkeiten sie mitgebracht haben, um diese bestmöglich weiterzuentwickeln. Dabei geht es nicht allein darum, mit welchem Ergebnis eine Tätigkeit ausgeführt wird, sondern  auch um die innere (Aloha-) Einstellung dabei, denn dann ist das Ergebnis automatisch das Bestmögliche und bringt außerdem große innere Zufriedenheit. Die Basis für die Erwachsenen ist eine gute Verbindung zum eigenen „inneren Kind“, denn eine liebevolle Beziehung zu sich selbst wird als Grundlage für alle anderen Beziehungen im Leben betrachtet.
........Selbstverständlich geht die Dankbarkeit dann auch in der Generationenfolge in die andere Richtung und die Eltern und besonders die Großeltern werden sehr geehrt. Diese Achtung kommt nicht aus einer einschüchternden Autorität, sondern einem wahren verbundenen Respekt.  Der Gemeinschaftssinn ist auch heute noch sehr stark ausgeprägt, denn allen ist bewußt, wie sehr wir alle miteinander verbunden sind. Es gibt eine alte Sage, die besagt, daß jeder mit einer „bowl of light“ auf die Welt kommt, die er hüten und darauf achten soll, daß keine Steine hineingeraten, die das Licht, das innere Strahlen vedunkeln oder gar zum Erlöschen bringen. In diesem Fall sollte sofort alles erdenkliche unternommen werden, um den Stein aus der Lichtschale zu entfernen, denn sonst würden diese Steine weite Schatten werfen. Es galt, sich schnell auf etwas positives zu konzentrieren, denn der Grundsatz: "Das worauf du deine Aufmerksamkeit richtest, verstärkt sich" war allen bewußt. Wenn die Person es selbst nicht schaffte, gab es verschiedene Unterstützungsformen, die halfen, wie sie/er diese Steine aus dem Weg räumte, die das Licht seiner Seele verdunkelten. Ein herzlicher Umgang untereinander schaffte eine Athmosphere, die dies meist jedoch gar nicht erst soweit kommen ließ.
Ich finde es sehr ermutigend zu erleben, wie eine ganze Gesellschaft verteilt über mehrere Inseln viele Jahrhunderte nach so positiven Grundsätzen friedlich zusammenlebte. Glücklicherweise konnte ich in den letzten Jahren sehen, wie die Schätze dieser Kultur, die sich kurz vor dem Aussterben befand, mit enormer Geschwindigkeit wiederbelebt werden, die verdunkelnden „Steine“ der Geschichte entfernt werden und die „Lichtschale“ dieser  Kulturgruppe immer heller wieder scheint. Gerade noch rechtzeitig strahlt sie ihr Wissen in eine globalisierte Welt, um das Bewußtsein zu untersützen, daß wir als „Weltgemeinschaft“ heute alle miteinander verbunden sind. Denn bald werden sich die Hawaiianer als Ethnie aufgelöst haben in dem großen asiatischen und europäischen Genpool der restlichen Bevölkerung Hawaiis. Mit anderen alten Kulturen und mittlerweile auch mit der modernen Genforschung teilen auch sie die Vorstellung, daß wir alle sowieso irgendwie miteinander verwandt sind. Die Vorstellung von Wiedergeburt ist in der hawaiischen Kultur tief verankert und so heißt es, daß heutzutage die alten hawaiischen Seelen überall auf der Welt wiedergeboren werden. Warum nicht? Wenn das bedeutet, daß dadurch weltweit die Menschen mehr den Aloha-Geist leben und wir wieder bewußter umgehen mit dem Wissen, daß unsere Kinder die Kultur-Träger der Welt von morgen sind.

Auszug aus einem Reisebericht von Franziska Schmidt, März 2010